Universität Bonn

Katholisch-Theologische Fakultät

Forschungsprojekt "Veränderungen des Glaubens in systematisch-theologischer Perspektive"

Projektleitung: JProf. Br. Dr. Stefan Walser OFMCap


Jenseits der Vernünftigkeit und Vermittelbarkeit von Glaubensinhalten scheint der Glaubensakt selbst – das Glauben-Können – eine der ungeklärten Fragen zu sein, vor denen Theologie und Kirche gegenwärtig stehen. Die Veränderungen des Glaubens in moderner und nachmoderner Zeit betreffen ja nicht nur einzelne Glaubenssätze, sondern „den Glauben“ in seiner individuellen und gesellschaftlichen, existentiellen und intellektuellen Dimension. Ein überzeitlich formulierter Glaubensbegriff – etwa mit Hilfe der klassischen Terminologie der „Analysis fidei“ – wird der gegenwärtigen Situation von Glauben und Glaubenden kaum gerecht. Theologiegeschichtlich ließe sich zudem zeigen, dass Veränderungen der Glaubenstheologie meist mit Veränderungen der sozialen Bedingungen des Glaubens einhergehen.

Himmel.jpg
© unsplash

Auf philosophischer und (religions-)soziologischer Ebene liegen umfassende Untersuchungen vor, welche die These eines linear verlaufenden Säkularisierungsprozesses in Frage stellen und stattdessen von einer Individualisierung und Optionalisierung des Glaubens sprechen (Ch. Taylor, H. Joas). Pastoraltheologisch wurden diese Einsichten bereits wahrgenommen, ihre Rezeption für eine systematische Theologie des Glaubensaktes steht dagegen noch aus. Dazu bedarf es zunächst einer Methodenreflexion und interdisziplinären Vergewisserung über das Verhältnis von „Religiosität“ und einem theologischen Begriff von „Glaube“.



Das Projekt legt dementsprechend den Fokus auf die Veränderungen des Glaubens in einem doppelten Sinn: Zum einen gilt es möglicherweise anstehende Veränderungen einer Theologie des Glaubensaktes in den Blick zu nehmen. Zum anderen sollen dabei die existentiell-biographischen Dynamiken des Glaubens selbst stärker berücksichtigt werden (etwa die Dynamiken von Konversion und Dekonversion), um theologisch möglichst nahe an den Phänomena heutiger Glaubensgestalten zu bleiben. Die Zielperspektive des Projektes ist folglich eine dynamischen Reformulierung und Aktualisierung der Lehre von der „fides qua“.

Prekärer Glaube, in: Lebendige Seelsorge 74 (5/2023), 353–357.

Die Sinnfrage als Gottesfrage? Über ein ambiges Verhältnis, in: Christian Blumenthal / Christian Hornung / Bert Roebben / Jochen Sautermeister (Hg.): Ambiguitäten – Identitäten – Sinnentwürfe. Theologische Analysen und Perspektiven (Ambiguitäten – Identitäten – Sinnentwürfe 1), Freiburg i. Br. 2023, 89–107.

Vgl. Stefan Walser, Identitätsfindung und Glaubensdynamik. Implikationen für die systematische Theologie, in: Klaus von Stosch / Stefan Walser / Anne Weber (Hg.): Theologie im Übergang. Identität – Digitalisierung – Dialog (Kirche in Zeiten der Veränderung 12) Freiburg i. Br. 2022, 89–113.

Vgl. Ders., Glaubens(un)sicherheit. Erkundungen im Feld von Individualisierung, Authentizitätsideal und Identitätsbildung, in: Thomas Möllenbeck / Ludger Schulte (Hg.): Frieden. Spiritualität in verunsicherten Zeiten, Münster 2020, 270–291.

Wird geladen