Universität Bonn

Katholisch-Theologische Fakultät

01. Mai 2023

4x Theologie am Dies academicus 4x Theologie am Dies academicus

Katholisch-Theologische Fakultät

Beiträge zur Liturgie und zur Frage von Macht und Ohnmacht - biblisch, historisch, systematisch

24. Mai 2023, 10 - 18 Uhr, Hauptgebäude

Dies academicus
Dies academicus © Uni Bonn/Gregor Hübl
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Programm


Verleihung des Ökumenischen Facharbeitspreises Religion 2023
Evagelisch-Theologische und Katholisch-Theologische Fakultät
Programm

> 9 Uhr, Festsaal


Prof. Dr. Andreas Odenthal:
Gottesdienst auf der Klosterinsel Reichenau. Liturgiegeschichtliche Überlegungen im Hinblick auf das 1300jährige Gründungsjubiläum der Reichenau im Jahre 2024

> 10 Uhr c.t., Hörsaal VII


Pavlos Leussler, WMA:
Unsichtbar? Macht in der Kirche

> 11 Uhr c.t., Hörsaal XVII


Prof. Dr. Johannes Schelhas:
„Starker Tobak“ und prophetisches Wort: Die Fragen von Weihbischof Norbert Werbs (1940–2023) auf der Bischofssynode 1991 und der Missbrauch

> 16 Uhr c.t., Hörsaal V


Prof. Dr. Ulrich Berges:
Der Exodus im Alten Testament. Befreiung und/oder göttliches Sklaventum?

> 17 Uhr c.t., Hörsaal V


Informationen zu den Themen

Prof. Dr. Andreas Odenthal:
Gottesdienst auf der Klosterinsel Reichenau. Liturgiegeschichtliche Überlegungen im Hinblick auf das 1300jährige Gründungsjubiläum der Reichenau im Jahre 2024

Im Jahre 2024 jährt sich zum 1300. Mal die Gründung der Klosterinsel Reichenau 724. Der Vortrag rekonstruiert den Gottesdienst der Klosterinsel, soweit er uns durch spätmittelalterliche Quellen überliefert ist. Im Zentrum steht dabei die „Sakraltopographie“ des Münsters St. Markus und Maria auf der Reichenau, die sich analog zu den verschiedenen Bauzuständen allmählich ausgebildet hat: Neben dem Markuspatronat im Westchor des Abtes Berno und dem Marienpatronat im Osten weisen die Patronate der Seitenaltäre vielfältige Bezüge zur monastischen Tradition insgesamt wie der besonderen Geschichte der Reichenau auf. Der Beitrag schildert die Situation bei der Neuweihe im Jahre 1477 nach dem spätgotischen Ausbau des Ostchores und rekonstruiert die zugehörige Stationsliturgie, soweit diese aus einem Liber Ordinarius hervorgeht, der zwischen 1548 und 1559 niedergeschrieben worden ist.


Pavlos Leussler, WMA:
Unsichtbar? Macht in der Kirche

In den letzten Jahren ist die katholische Kirche durch eine schwere Vertrauenskrise gegangen. Immer wieder spielten Macht und Machtmissbrauch dabei eine zentrale Rolle. Wer hat welche Macht in der Kirche? Warum wird darüber so wenig gesprochen? Wie wird Macht versteckt und warum? Diese Fragen sind seit dem Bekanntwerden der zahlreichen Fälle sexualisierter Gewalt in aller Munde, im Fokus der Kritik steht dabei der unreflektierte Umgang vieler Kleriker mit ihrer eigenen Macht. Aus theologischer und sozialwissenschaftlicher Sicht werden wir das Thema „Macht in der Kirche“ diskutieren und verschiedene Formen der Verschleierung von Macht unter die Lupe nehmen.


Prof. Dr. Johannes Schelhas:
„Starker Tobak“ und prophetisches Wort: Die Fragen von Weihbischof Norbert Werbs (1940–2023) auf der Bischofssynode 1991 und der Missbrauch

Norbert Werbs wirkte bis 2015 als Weihbischof in Schwerin und Hamburg. Am 3. Januar 2023 starb er. Auf der Europa-Synode der Bischöfe 1991 in Rom hat er der Deutschen Bischofskonferenz, die anläss-lich der deutschen Wiedervereinigung mit der Berliner Bischofskonferenz zusammengeführt wurde, mit seiner einschlägigen Rede große Aufmerksamkeit verliehen. In sechs Punkten befasst sich Werbs mit der Situation der katholischen Kirche im wiedervereinigten Deutschland. Die Umstände stehen der Situation in den Gemeinden der ehemaligen DDR nicht fern. Inhaltlich antizipiert seine Analyse As-pekte der Synodalität im Volk Gottes. Norbert Werbs hat bewusst Fragen gestellt. Mittels der Frage-form gelingt es ihm, die damals aktuellen wie kontroversen Themen mit dem Leben der Betroffenen zu verknüpfen. Die ekklesiologische Sprengkraft seiner Rede wird vor dem aktuellen Hintergrund der Missbrauchskrise neu herausgearbeitet, die ihren Fokus vom sexuellen und spirituellen Missbrauch auf den Missbrauch der Macht (in) der Kirche verschoben hat.


Prof. Dr. Ulrich Berges:
Der Exodus im Alten Testament. Befreiung und/oder göttliches Sklaventum?

Die Befreiung Israels aus dem Sklavenhaus Ägyptens gehört zu den fundamentalsten Inhalten des alttestamentlich-jüdischen Credos und in Folge auch der neutestamentlich-christlichen Religion. Entscheidender als der historische Wahrheitskern oder die hypothetische Rekonstruktion desselben ist die geistesgeschichtliche Dynamik dieser Erzählung: „Die Exodus-Erzählung schreibt nicht Geschichte, sondern sie macht Geschichte. Die Welt, auf die sich die Exodus-Erzählung bezieht, entsteht mit dem, was sich auf der Erzählung als einer Begründung aufbaut […] Die Exodus-Geschichte ist performativ in dem Sinne, dass sie denen, die sie erzählen, eine Identität vermittelt.“ (Jan Assmann, Exodus. Die Revolution der Alten Welt, München 32015, 390f). In den Begründungen einiger Nationalstaaten wie Südafrika, den USA, Israel spielt die Exodus-Erzählung eine entscheidende Rolle, ebenso in Befreiungsbewegungen wie der südamerikanischen „teología de la liberación“.

Ein wichtiger Aspekt der alttestamentlichen Erzählung bleibt dabei unterbelichtet oder sogar gänzlich negiert: Die Errettung aus dem Sklavenhaus des Pharaos führt nicht etwa in die Freiheit autonomer Selbstbestimmung, sondern in die Verpflichtung zur Unterwerfung unter die göttliche Tora. Diese Doppeldeutigkeit von Errettung und Unterwerfung lässt sich im AT nicht zuletzt an der kaum wahrgenommenen Metapher von JHWH als dem Sklavenbesitzer seines Volks ablesen. Dieser Ambiguität soll im Vortrag mit besonderem Augenmerk auf die Sklavengesetze im AT nachgegangen werden.

 

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