Wie entstehen aus detaillierten Textbeobachtungen literargeschichtliche Modelle? Dieser komplexen Frage widmet sich ein neu im Verlag Mohr Siebeck erschienener Sammelband, der gemeinsam von Reinhard Müller (Göttingen) und Kirsten M. Schäfers (Bonn) herausgegeben wurde. Die Beiträge des Bandes setzen sich mit dieser Frage am Beispiel von Gen 20–22 auseinander – einem Textabschnitt, der traditionell der sogenannten E-Quelle zugeordnet wird, in jüngerer Forschung jedoch zunehmend als redaktionelles Geflecht gilt.
Auf innovative Weise zeigt der Band auf, wie sich Beobachtungen am Text, literarkritische Bewertungen und literarhistorische Synthesen als eigenständige Methodenschritte voneinander unterscheiden und methodisch reflektiert darstellen lassen. Eine Besonderheit bildet die von sechs Autoren-Tandems erarbeitete synoptische Präsentation der antiken Textversionen (Masoretischer Text, Septuaginta, Samaritanus), die mit einem differenzierten literarkritischen Kommentar verbunden ist.
Diese Struktur macht den Band nicht nur zu einem wertvollen Arbeitsbuch für die methodenorientierte Lehre, sondern auch zu einem diskussionsfreudigen Beitrag zur aktuellen Debatte um die Literargeschichte des Abrahamzyklus. Durch die multiperspektivische Herangehensweise und die ergebnisoffene Analyse leistet er einen wichtigen Impuls für die Weiterentwicklung der Pentateuchkritik.
Reinhard Müller/Kirsten M. Schäfers (Hg.), Vom Text zum Entstehungsmodell in der Pentateuchkritik. Untersuchungen zu Gen 20–22“ (Forschungen zum Alten Testament [FAT] 186), Tübingen 2025.
Der Band ist in print und als eBook erhältlich. Weitere Informationen und eine kompakte Inhaltsübersicht finden Sie auf der Internetpräsenz des Verlages: https://www.mohrsiebeck.com/buch/vom-text-zum-entstehungsmodell-in-der-pentateuchkritik-9783161583148/